DSDS und kein Ende

Ein Flaggschiff trudelt

Nun ist es also amtlich: „Deutschland sucht den Superstar“ geht in die 21. Staffel. Wie lange kann man eigentlich eine komatöse Sendung am Leben erhalten, bis auch der letzte Zuschauer das Weite gesucht hat?
Wir erinnern uns: Staffel 8 (von 2011) hatte im Schnitt – bei 11 Livesendungen – jeweils ca.7 Millionen Zuschauer. Die gerade zu Ende gegangene 20. Jubiläumsstaffel kam bei insgesamt 3 Livesendungen auf 2,3 Millionen – im Finale, die Sendungen davor dümpelten bei deprimierenden 1,8 bis 2 Millionen herum.
Aber woran liegt es, dass die „Mutter aller Castingshows“ so ins Trudeln geraten konnte? Erinnern wir uns nochmals: Bereits in Staffel 1 hätte jedem klar sein müssen, dass eine gute Stimme nicht das Hauptmerkmal war, worauf die Jury – die damals noch aus Menschen bestand, welche einen relevanten Bezug zur Musikindustrie hatten – Wert legte. Vielmehr suchte man ja bereits zu diesem Zeitpunkt den „Superstar“, nicht den „Supersänger“. Für ein bisschen mehr Showtalent und Selbstdarstellungstrieb wurde dem Kandidaten daher erlaubt, unser aller Ohren straffrei zu malträtieren. Kaum vorstellbar, dass unter 35.000 Kandidaten, die sich beispielsweise in Staffel 8 dem Casting stellten, nur so wenige gute Sänger waren, dass man immer und immer wieder mindestens eine/n Kandidat/in (manchmal auch zwei) unter den „zehn besten“ hatte, die die Töne nur Zufall trafen.
Schwer zu glauben, dass es im deutschsprachigen Raum nicht möglich sein sollte, zehn wirklich gute Sänger zu finden – mit Showtalent, mit Ausstrahlung und vor allem mit einer entsprechend guten Stimme. Aber dazu müsste man den Fokus verschieben – weg von der Schadenfreude, mit der sich selbst überschätzende Kandidaten der Menge zum Fraß vorgeworfen werden und hin zu der Qualität, die Deutschland, Österreich und Schweiz durchaus zu bieten haben, die man aber finden wollen müsste.
Lange haben die Zuschauer trotzdem durchgehalten und mit den Kandidaten mitgefiebert, bis ab Staffel 11 auf rapide sinkende Einschaltquoten reagiert wurde und die Livesendungen drastisch reduziert wurden – statt bisher 9 Mottoshows nur noch durchschnittlich 4.
Fast alle Versuche, die Attraktivität der Sendung zu erhöhen (drastische Anhebung der Gewinnsumme (2012), Anhebung (2014) und zuletzt sogar Abschaffung (2023) des Höchstalters etc.) befindet sich das einstige Zugpferd des Senders weiterhin im Sinkflug.
Kurz vor Staffel 19 meinten die Verantwortlichen, die Wurzel allen Übels ausgemacht zu haben: Dieter Bohlens untergriffige Sprüche, über die man sich bereits seit Staffel 1 aufgeregt hatte. Schien aber erst mit erheblicher Verspätung in der Chefetage angekommen zu sein … Kurz und knapp: Bohlen wurde für die entsprechende Staffel nicht verpflichtet, die Quote befand sich auf rasanter Talfahrt, und für Staffel 20 holte man Bohlen zurück.
Schade, dass offenbar immer noch niemand begriffen hat, wo das Problem wirklich liegt.
Seit Jahren produziert die Jury mehr Schlagzeilen als diejenigen, um die es gehen sollte. Getreu dem fragwürdigen PR-Motto, jede Schlagzeile sei gut, auch eine negative, wird kein Fettnäpfchen und keine Provokation ausgelassen und sich in aller Öffentlichkeit gestritten, dass die Fetzen fliegen. Nebenbei wird der neue Superstar irgendwie gewählt, gekürt, mit einem meist von Bohlen komponierten Siegersong bestückt und auf die Charts losgelassen, wo er sich einige Zeit sonnen darf und anschließend seinem Nachfolger Platz machen muss, denn Deutschland sucht ja weiterhin seinen Superstar.
So, armes, Deutschland, wirst du ihn allerdings nie finden …
Übrigens: Die Suche nach dem „Supertalent“ hat, wenn man den Verlautbarungen Glauben schenken möchte, inzwischen ein Ende. Aber auch für DSDS wurde zwischendurch das endgültige Aus verkündet – mit dem bekannten Ergebnis. Warten wir ab, ob auch die vielen „Supertalente“, die in vielen Jahren einerseits für schöne und gern in Erinnerung bleibende Momente sorgten und andererseits diejenigen – leider in der Überzahl -, bei denen man vor Fremdscham am liebsten auswandern würde, wieder ein neues Sammelbecken finden – oder einfach das alte wiederbeleben.
Hat ja bei DSDS auch geklappt.